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Ausbildung, Landesverband

Zwischen Theorie und Praxis

Veröffentlicht: 02.09.2023
Autor: DLRG Landesverband Baden e.V.

„Das Land vernachlässigt seine Aufgabe!“ - Schulschwimmen Teil 1

„Bewegen im Wasser“ – so lautet die Überschrift, unter der in den Bildungsplänen für Schulen in Baden-Württemberg der Schwimmunterricht beschrieben wird. Bereits ab Klasse Eins und bis in die Oberstufe hinein ist Schwimmen Bestandteil der Bildungspläne sämtlicher Schularten. Und diese Pläne sind nicht nur sehr komplex und ausdifferenziert. Sie sind vor allem eines: verbindlich.

Kinder in Baden-Württemberg sollen Schwimmen können. So will es der Gesetzgeber. In den Bestimmungen und Regelungen zum Schulschwimmen in Baden-Württemberg schreibt das verantwortliche Kultusministerium in der Einleitung: „Nur wer sich im Wasser sicher und angstfrei bewegen kann, findet am und im Wasser ein vielfältiges Bewegungsfeld. Bis ins hohe Alter kann das Medium Wasser zur Freizeitgestaltung, zur Gesundheitsförderung, zur Regeneration und Rehabilitation genutzt werden.“

Was bedeutet das nun konkret? In den verschiedenen Standards und Leitzielen von sogenannten „inhaltlichen und prozessbezogenen Kompetenzen“ kann man sich als fachfremder Leser durchaus verlieren. „Im Kern kann man sagen, dass in der ersten und zweiten Klasse die Wassergewöhnung und -bewältigung im Vordergrund stehen. Die Schülerinnen und Schüler sollen aber bis Ende ihrer Grundschulzeit auch in mindestens einer Schwimmart sicher schwimmen können“, erklärt Janice Haney. Die Leiterin Ausbildung im DLRG-Landesverband Baden ist selbst Lehrerin und hat einen kritischen Blick auf die Situation des Schulschwimmens in Baden-Württemberg. In der weiterführenden Schule sollen die Schüler ihre Fertigkeiten im Wasser dann weiter ausbauen, auch unter dem Aspekt der Rettungsfähigkeit. Soweit zumindest die Theorie.

Quantität und Qualität

In der Praxis sieht es nämlich ganz anders aus. Das musste die Landesregierung im Schuljahr 2018/2019 selbst feststellen. Anlass war damals eine durchgeführte Befragung, die zum Ziel hatte, die Situation des Schwimmunterrichts in den Grundschulen zu erheben. Fast alle Grundschulen in Baden-Württemberg beteiligten sich und zeichneten ein Bild, das alarmierte. Ein Viertel der Grundschulen musste an das Kultusministerium zurückmelden, in diesem Jahr gar keinen Schwimmunterricht erteilen zu können. Nur knapp 60 % der Grundschulen war der Meinung, den eigentlich verpflichtenden Schwimmunterricht in angemessenem Umfang erteilen zu können.

Die Auswertung der Erhebung erfolgte trennscharf nach Regierungsbezirken. In Baden schneidet der Süden (RP Freiburg) schlechter ab als der Norden (RP Karlsruhe). Bemerkenswert ist, dass Bezirks-übergreifend im Bericht der Landesregierung aber festgestellt wird, dass die Entfernung zum nächstgelegenen Schwimmbad einen hohen Einfluss auf die Schwimmfähigkeit der Kinder hat. Rund 73 % der Schulen benötigten einen Transfer zum Schwimmbad. Wenn kein oder zu wenig Schwimmunterricht stattfindet, liegt das nach Angaben der Grundschulen an einem nicht vorhandenen Bad oder zu langen Transferzeiten.

„Das Land vernachlässigt seine Aufgabe!“

Janice Haney kennt diese Probleme gut. Letztendlich unterscheiden sie sich kaum von denen, die auch Vereine wie die DLRG haben. Entscheidend, so Janice Haney weiter, seit aber nicht nur die Frage nach der Häufigkeit des Schwimmunterrichts. „Auch die Qualität muss stimmen“, sagt sie. Dazu führt der Bericht der Landesregierung damals nicht so ausführlich aus. Er stellt aber fest: Etwa ein Viertel der Lehrkräfte, die in den Grundschulen Schwimmunterricht erteilen, haben nicht die dafür erforderliche Qualifikation. Das wirkt sich natürlich negativ auf die Anzahl der Kinder aus, die letztendlich die Schwimmfähigkeit erwerben. Faktoren wie eine kleinere Gruppengröße oder die Doppelbesetzung mit einer weiteren qualifizierten Person wirken sich positiv aus.

Es ist also bestens bekannt, unter welchen Bedingungen Schulschwimmen zum Erfolg werden kann. Die Situation hätte sich durch die Corona-Pandemie aber nochmal verschlechtert, glaubt Janice Haney. Es bräuchte eine erneute Erhebung, diesmal auch unter Einbeziehung der weiterführenden Schulen, um den Status Quo systematisch zu erfassen.

Aber wie viel besser kann es zwischenzeitlich schon geworden sein? In Baden-Württemberg herrscht aktuell bekanntlich weder ein Überfluss an Bädern noch an Lehrern. „Bildung ist Ländersache“, erinnert Janice Haney. „Und das Land vernachlässigt hier sehenden Auges seine Aufgabe!“ So wie sie ist, kann die Situation also nicht bleiben.

Lösungsansätze gesucht

Die Wasserfläche für den schulischen Schwimmunterricht muss durch die Schulträger zur Verfügung gestellt werden, also durch die Städte und Gemeinden. Sie sind auch dazu verpflichtet, eventuell anfallende Kosten für den Transfer in weiter weg gelegene Bäder zu übernehmen. Janice Haney zeigt eindrucksvoll einen Widerspruch auf: „Das sind oft aber genau jene Stellen, die vielerorts darauf hinweisen, dass der Betrieb von Schwimmbädern eine freiwillige Aufgabe der Kommune darstellt, welcher man aufgrund der hohen Investitions- und Betriebskosten nicht mehr sinnvoll nachkommen könne.“ Schulen sollten hier durchaus ihren Träger in die Verantwortung nehmen, rät Janice Haney.

Was die inhaltliche Qualität des Schwimmunterrichts betrifft, sind die Schulen selbst und ihre Aufsichtsstellen in der Pflicht. Unterstützen können dabei lokale Schwimmvereine wie die DLRG. Dass sich solche Kooperationen positiv auf die Qualität des Unterrichts auswirken, schreibt auch die Landesregierung in ihrem Bericht von 2018/2019. 13 % der Schulen arbeiteten damals mit DLRG-Ortsgruppen oder Schwimmvereinen zusammen.

Organisatorische Gründe lässt Janice Haney als Ausrede für nicht stattfindendes Schulschwimmen nicht gelten. Die organisatorischen Modelle wie Blockunterricht oder Projekttage lägen alle auf dem Tisch.

DLRG-Förderpreis: Zwei Preisträger in Baden

Um in dieser insgesamt angespannten Situation gute Beispiele hervorzuheben, hat die DLRG im Jahr 2020 erstmals den Förderpreis „DLRG & Schule“ vergeben. Unter den ersten Preisträger war damals die Johann-Peter-Hebel-Grundschule in Bruchsal. Im Jahr 2021 durfte sich außerdem die Eugen-Neter-Schule in Mannheim über die Auszeichnung freuen.

In einem zweiten Beitrag werden wir verschiedene positive Beispiele vorstellen und aufzeigen, welche Erfolgsfaktoren dazu beitragen, Schulschwimmen erfolgreich zu gestalten.

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