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Einsatz, Landesverband

Eine unendliche Geschichte

Veröffentlicht: 20.09.2023
Autor: DLRG Landesverband Baden e.V.
Millimeter-Arbeit ist das Einparken des Motorrettungsbootes in einer dafür ungeeigneten Garage.
Beim Blaulichttag informieren die Wasserretter aus Waldshut-Tiengen über ihre Arbeit.
Auf dem Grundstück für die neue Wache der DLRG befinden sich noch die Überreste eines Tennisclubs.

Die DLRG-Ortsgruppe Waldshut-Tiengen trotzt bei ihrer Arbeit widrigsten Umständen

Der Adler ist bereits in seinem neuen Nest gelandet. Als Aufkleber prangt das bekannte Emblem der DLRG in blau und weiß auf einer Fensterscheibe des ehemaligen Vereinsheims des Tennisclubs „Lonza-Grün-Weiss“. Dort angebracht hat den Aufkleber Ernst Lehr. Er ist zweiter Vorsitzender der DLRG Ortsgruppe Waldshut-Tiengen und wollte schon einmal markieren, wo „seine“ Ortsgruppe hoffentlich bald ein neues Zuhause finden wird. Der Tennisclub, der hier einst über einige Plätze und ein Vereinsheim verfügte, ist zwischenzeitlich aufgelöst, das Gebäude abrissreif. Das Grundstück konnte die DLRG zu einem fairen Preis erwerben. Der große Traum von Ernst Lehr und seinen Kameraden: an diesem Standort endlich eine adäquate Unterkunft für das Einsatzmaterial der Ortsgruppe am Hochrhein zu errichten. Ob der Traum jemals wahr wird? Zwischenzeitlich ist man sich da nicht mehr so sicher.

Ortswechsel. Auf dem Gelände des städtischen Bauhofes schieben vier Kameraden gerade das Motorrettungsboot der DLRG Waldshut-Tiengen in eine Garage. Dieses ist gerade vom „Blaulichttag“ aus der historischen Innenstadt zurück. Gemeinsam mit den anderen Hilfsorganisationen hat die DLRG dort über ihre Arbeit informiert. Das Einparken in der Garage ist buchstäblich Millimeter-Arbeit. Die Garage, in der das Boot untergestellt wird, ist nämlich keinesfalls für eine solche Nutzung vorgesehen. Es handelt sich um eine einfache PKW-Garage, die seit vielen Jahren als Notlösung dient. Damit das Boot überhaupt reinpasst, muss der Lichterbalken umgeklappt werden. In den zwei Garagen nebenan kommt, ebenfalls seit vielen Jahren, provisorisch die Tauchgruppe unter. Neoprenanzüge und Taucherflaschen hängen eng beieinander an der Wand, schließlich muss auch hier jeweils noch Platz für ein Auto bleiben. Wer sich umziehen muss, zum Beispiel nach dem Einsatz, tut das meistens auf dem Hof. Nass und womöglich bei Kälte ist das kein Vergnügen, berichten die Wasserretter. Eine Heizung, Dusche oder Toilette? Die Einsatzkräfte lächeln nur müde.

Vergebliche Bemühungen

Die Unterkunfts-Situation der DLRG-Ortsgruppe Waldshut-Tiengen ist für die Engagierten vor Ort im wahrsten Sinne eine „unendliche Geschichte“. Diese beginnt um die Jahrtausendwende. 1998 fusionieren die zwei DLRG-Gruppen aus Waldshut und Tiengen. Die Einsatzabteilung wächst über die Jahre stark an. Man bedient den gesamten Landkreis und hält alle Fachgruppen des Wasser-Rettungsdienstes vor. Die Wasserretter, unter ihnen beispielsweise Strömungsretter und Taucher, werden oft auf dem Hochrhein zwischen Bad Säckingen und dem Rheinfall bei Neuhausen gebraucht. Sie rücken aber genauso zum nördlich gelegenen Schluchsee im Schwarzwald aus. Auch international hilft man sich. Eine enge Zusammenarbeit besteht mit den Feuerwehren auf der Schweizer Seite des Rheins.

Aus diesen umfangreichen Anforderungen ergibt sich ein hoher Materialbedarf. Die Ortsgruppe verfügt selbst über drei Einsatzfahrzeuge und zwei Rettungsboote. Ein weiteres Fahrzeug samt Anhänger ist vom Land Baden-Württemberg in Waldshut-Tiengen stationiert. Dieses gehört zum „Wasserrettungszug 5“ der DLRG. In Katastrophenfällen rücken die Einsatzkräfte aus Südbaden nämlich auch landes- und bundesweit zu Einsätzen aus. Nur eines fehlt dabei: Platz, um diesen Fuhrpark sowie das zugehörige Material angemessen unterzubringen. Auf drei Standorte sind Fahrzeuge und Material derzeit verteilt.

Seit 2007 bemühen sich Ernst Lehr und seine Kameraden um einen Neubau. Sie planen, führen viele Gespräche mit den zuständigen Stellen der Gemeinde, des Landkreises und des Regierungspräsidiums. 2018 wird das Grundstück des Tennisclubs aus Eigenmitteln erworben. Im Jahr 2020 wird der Förderantrag gestellt. Vergeblich, denn das Innenministerium stellt die beantragten Mittel in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro nicht zur Verfügung. Auf Anraten des Regierungspräsidiums wird das Projekt im Folgejahr erweitert. Man berücksichtigt in der Planung eine Kooperation mit der DLRG-Ortsgruppe Klettgau und passt auf Hinweise von Fachleuten hin Details der Planung an. Das Regierungspräsidium errechnet schließlich eine Fördersumme von drei Millionen Euro. Konkret vorangehen tut es aber leider nicht. Mit einer Bewilligung des Vorhabens ist auch 2023 nicht zu rechnen.

Gefrorenes Material, Hochwasser und Crêpes backen

Und während Ernst Lehr, seine Kameraden sowie Vertreter des Bezirkes Hochrheins und des Landesverbandes Baden andauernd bei Politikern und im Innenministerium für das Vorhaben werben, gefriert im Winter in den teils undichten Garagen nasses Material. Ein Fahrzeug, das gerade frisch beklebt wurde, muss unter einem Baum parken. Es ist schlicht zu hoch für die kleinen Garagen auf dem Bauhof. Einer der drei Fahrzeug- und Material-Standorte ist beim Waldshuter Freibad. Dieses liegt direkt am Rhein. Regelmäßig drückt dort Hochwasser durch den Boden in die Räume und verursacht Schäden. Was dieser unwürdige Zustand mit seiner Ortsgruppe macht, wird Ernst Lehr gefragt. Er antwortet mit einer Gegenfrage: „Wie lange halten wir das noch aus?“

Helmut Weber ist der Leiter des DLRG-Bezirkes Hochrhein. Er schätzt die Kameraden vor Ort für ihren Pragmatismus. „Trotz widrigster Umstände wird hier Großartiges geleistet“, sagt er. Im Einsatzwesen, aber auch im Bereich der Schwimmausbildung und der Jugendarbeit. Für ein Integrations-Projekt gab es für die Ortsgruppe vor einigen Jahren sogar einen vielbeachteten Preis. Klar ist für ihn, dass sich neue und junge Engagierte mit diesen Rahmenbedingungen nur schwer für ein Ehrenamt in der Wasserrettung begeistern lassen. Und wer sich einbringt und viel Freizeit investiert, möchte womöglich nicht auch noch unbedingt Crêpes backen, um Material-Anschaffungen zu finanzieren.

Auf dem heutigen Blaulichttag in der Innenstadt haben Ernst Lehr und seine Kameraden viele Gespräche mit interessierten Bürgern geführt. „Die Wertschätzung für unsere Arbeit ist hoch, aber den allerwenigsten ist bewusst, dass wir uns größtenteils aus Mitgliedsbeiträgen, Kursgebühren und Spenden finanzieren“, berichtet er. Eine auskömmliche Finanzierung für die Rahmenbedingungen des Ehrenamtes rund um Technik und Infrastruktur könne nur die öffentliche Hand herstellen, gibt Ernst Lehr den Besucherinnen und Besuchern dann mit auf den Weg.

Ungenügende Förderung durch das Land

Die Situation in Waldshut-Tiengen ist kein Einzelfall in Baden-Württemberg. Die Finanzierung von Anschaffungen oder Bauvorhaben im Wasser-Rettungsdienst bleibt weit hinter dem Bedarf zurück. Trotz politischer Ankündigungen, die Förderung für die Rettungsdienste sowie den Bevölkerungsschutz im Land zu verbessern, besteht nach wie vor ein immenser Sanierungsstau – speziell beim Bau von Rettungswachen.

Im Einsatz für den Einsatz I Ausstattung und Investitionsstau sind Themen in Gesprächen mit Politikern vor Ort (August 2023)

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