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Einsatz WRD - KatS, Landesverband

Ein Sommernachtsalbtraum

Veröffentlicht: 12.08.2025
Autor: DLRG Landesverband Baden e.V.
Hand in Hand waren die Hilfsorganisationen beim Hochwasser in Gondelsheim im Einsatz. (Foto: DLRG-Bezirk Karlsruhe)
Ein wesentlich weitläufigeres Einsatzgebiet fanden die Einsatzkräfte der DLRG im Juni 2024 in Bayern vor.
Nicht nur Patienten wurden transportiert: auch zum Beispiel Einsatzkräfte der Polizei.
In den überfluteten Gebieten sind die Strömungsretter der DLRG eine echte "Wunderwaffe". (Foto: DLRG-Bundesverband)

Erinnerungen und Einsichten des Hochwasserjahrs 2024

In Gondelsheim liegt Gewitter­schwüle in der Luft und es riecht nach Matsch und Kanalisation. Das Blaulicht eines Einsatzfahrzeuges spiegelt sich in einem Schaufenster, an dem die Strömung reißt. Das Wasser trägt Äste und Müll. Ein Hochwasserboot der DLRG pflügt durch die braunen Wassermassen, Führungskräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst koordinieren Evakuierungen und Rettungen. Dramatische Szenen, ein Ausnahmezustand für die kleine Gemeinde im Landkreis Karlsruhe, in der Rückschau auf das Hochwasserjahr 2024 jedoch nur ein trauriger Höhepunkt von mehreren.

Der 13. August in Gondelsheim begann denkbar unscheinbar. Sommerferien, 35 Grad, die übliche Sommerwarnung vor möglichen Gewittern - nichts Konkretes. Doch am Abend blieb eine Gewitterzelle an der „Hagelhälde“ hängen. 150 Liter Regen pro Quadratmeter prasselten in knapp zwei Stunden auf den Ort. Binnen Minuten stieg der Saalbach um bis zu 50 Zentimeter – ganze Straßenzüge standen unter Wasser, das Dorf war bald nicht mehr erreichbar. Kurz darauf mussten die DLRG-Strömungsretter mit Booten Menschen und Tiere aus überfluteten Gebäuden evakuieren.

In dieser Nacht, vom 13. auf den 14. August 2024, war aus dem harmlosen Saalbach im Norden des Landkreises Karlsruhe ein reißender Strom geworden. Um 21:45 Uhr meldete der Pegel Gondelsheim 2,74 Meter, ein 100-jähriges Hochwasser. 47 Kubikmeter Wasser pro Sekunde – rund 260 Badewannen – schossen Richtung Bruchsal. Die Außergewöhnliche Einsatzlage wurde ausgerufen, die DLRG-Bezirke Karlsruhe, Mittelbaden und Enz mobilisierten über 130 Einsatzkräfte für den nächtlichen Großeinsatz.

Der Vorbote: Juni 2024

Zwei Monate zuvor hatte Süddeutschland bereits einen Vorgeschmack auf das bekommen, was der Sommer noch bringen sollte. Vier Tage Dauerregen ließen Flüsse und Bäche anschwellen. Bereits am 31. Mai versetzte die DLRG ihre Einheiten in Bereitschaft, Fachberater wurden in die Führungsstäbe der Landkreise entsandt.

Am Sonntag, 2. Juni, kam das Hilfeersuchen aus Bayern: Die dortigen Einsatzkräfte brauchten Ablösung. Der Wasserrettungszug 7 aus Reutlingen und Ulm fuhr noch am Abend los, am Montagmorgen folgten die Züge 3 (Karlsruhe) und 5 (Freiburg) ins schwäbische Günzburg. Quasi zeitgleich spitzte sich die Lage im Raum Stuttgart zu: Im Rems-Murr-Kreis waren zeitweise über 90 DLRG-Kräfte im Einsatz, dazu Strömungsretter aus Ludwigsburg und Esslingen in den Nachbarkreisen Göppingen und Ludwigsburg. Im Rhein-Neckar-Kreis waren seit dem Sonntagvormittag Kräfte der DLRG-Ortsgruppen Eberbach, Heidelberg, Leimen und Neckargmünd im Einsatz. Der Neckar überflutete auch dort Straßen und Keller.

Insgesamt waren im Juni 2024 rund 400 Einsatzkräfte der DLRG in Baden-Württemberg als Helferinnen und Helfer vor Ort, oft trotz eigener Betroffenheit. 71 von ihnen unterstützten in Bayern in den stark mitgenommenen Gebieten an der Donau. Die letzten Einheiten kehrten von dort am 6. Juni zurück nach Hause.

„Wunderwaffe“ Strömungsretter & Lehren aus den Katastrophen

„Es war beruhigend, dass so schnell Hilfe kam“, sagte eine 86-Jährige aus Gondelsheim später den Badischen Neuesten Nachrichten. Zumindest hier konnte der beherzte Einsatz von Verantwortlichen in der Verwaltung, der Einsatzkräfte sowie vieler engagierter Bürger das Schlimmste verhindern. Niemand kam beim Hochwasser am Saalbach ums Leben. Bei den Ereignissen zwei Monate zuvor war dies nicht der Fall. Sechs Menschen kamen in Bayern und Baden-Württemberg ums Leben, darunter ein Feuerwehrmann.

Ein Jahr später drängt sich eine zentrale Frage auf: Was haben die Kommunen und das Land, die Hilfsorganisationen und Rettungsdienste, aber auch andere gesellschaftliche Institutionen aus den immer häufiger auftretenden Hochwasser- und Starkregenereignissen gelernt?

Für die DLRG zeigte sich beispielsweise, dass der in den letzten Jahren eingeschlagene Weg sich als richtig erwiesen hat. Die Einsatzkomponente Strömungsrettung ist in diesen Lagen eine echte „Wunderwaffe“. Ihre Spezialausrüstung aus Neopren, Schwimmweste und Seiltechnik erlaubt es, dort zu arbeiten, wo Feuerwehr und Rettungsdienst ohne diese Ausbildung selbst in Lebensgefahr geraten würden. Die Ausbildung mit Einsatzmitteln wie dem Raft wird inzwischen gezielt trainiert: robust, manövrierfähig und im Hochwasser vielseitig einsetzbar.

Die Präsidenten der DLRG-Landesverbände Baden und Württemberg nutzten die Hochwasserwochen, um eine „nachhaltige Stärkung des Katastrophenschutzes“ zu fordern, einschließlich moderner Ausstattung und auskömmlicher Finanzierung. Im Doppelhaushalt des Landes für 2025/26 ist die DLRG jetzt erstmalig als Empfänger von zusätzlichen Fördermitteln aus dem Wettmittelfonds vorgesehen. Und auch eine Problemlage rund um die verzögerte Abrechnung von Einsatzkosten konnte schließlich bewältigt werden. Der Abschluss von schon länger geplanten Projekten wie der Beschaffung eines Einsatzleitwagens für die DLRG in Baden-Württemberg setzt zusätzlich positive Impulse für die Stärkung des Fachdienstes Wasserrettung im Bevölkerungsschutz des Landes.

Das Thema Hochwasserschutz ist sicherlich nicht nur in den betroffenen Kommunen an eine höhere Stelle der kommunalpolitischen Agenda geklettert. Die Gemeinde Gondelsheim zeigt, wie Kommunen reagieren können. Ein Frühwarnsystem wurde installiert und mobile Barrieren beschafft. Rund 60.000 Euro lässt man sich die Einführung eines kommunalen Starkregenrisikomanagements kosten, welches strukturiert und flächendeckend untersucht, wo Starkregenrisiken bestehen, wie sie entstehen – und vor allem, was man dagegen tun kann. Investiert wurde aber auch noch an anderer Stelle: 100.000 Euro flossen nach Angaben der Gemeindeverwaltung in eine Überprüfung der Kanalisation nach dem Hochwasser. Und nicht zuletzt: Die Notwendigkeit millionenschwerer Investitionen der vergangenen Jahre in Projekte zum Hochwasserschutz würde nach den Ereignissen im August 2024 niemand mehr bestreiten, so Bürgermeister Markus Rupp in einer Mitteilung anlässlich des einjährigen Jahrestages der Hochwassernacht von Gondelsheim.

Engagement für Prävention

Trotz aller Infrastruktur, Technik und Einsatzstärke ist jedoch klar: Prävention rettet Leben. Immer wieder beobachten Einsatzkräfte riskantes Verhalten, beispielsweise Menschen, die in Badehose hinter Mülltonnen herschwimmen oder überflutete Straßen queren. Es bleibt, an die Vernunft der Menschen zu appellieren: Halten Sie sich von Hochwasser fern! Bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr. Folgen Sie den Anweisungen der Rettungskräfte!

Seit der Einführung der Aktionstage zum Katastrophenschutz durch das Land gehen Einsatzkräfte der DLRG und aller anderen Hilfsorganisationen in Baden-Württemberg direkt an Schulen und suchen Kontakt zu den Jüngsten der Gesellschaft. Viele DLRG-Gliederungen in Baden wirken seit Beginn mit: Sie zeigen Ausrüstung, erklären den sicheren Umgang mit Gewässern und berichten aus echten Einsätzen. Ziel ist es, junge Menschen zu sensibilisieren, ihnen konkrete Handlungsoptionen zu geben und damit die Selbsthilfefähigkeit langfristig zu stärken.

Blick nach vorn

„Bei 150 Litern Niederschlag pro Quadratmeter – da hältst du das Wasser einfach nicht mehr auf“, resümiert der Gondelsheimer Bürgermeister Rupp. „Aber wir können vieles tun, um Schäden zu minimieren.“

Für die DLRG heißt das: Ausbildung ausbauen, Technik modernisieren, Prävention in jede Kommune tragen. Für die Gemeinden: in Schutzmaßnahmen investieren, Notfallpläne vorbereiten und die Einwohnenden sensibilisieren. Für alle: vorbereitet sein, bevor das Wasser kommt

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