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Vollständige Liste der Ansprechpartner der DLRG Landesverband Baden e.V. findest du hier .
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An normalen Sommertagen führt der Saalbach am Pegel Gondelsheim (Landkreis Karlsruhe) einen überschaubaren Wasserstand zwischen zehn und fünfzehn Zentimetern. Der Begriff Bach ist für ihn also grundsätzlich passend gewählt. Er schlängelt sich rund 40 Kilometer von Bretten durch den nördlichen Landkreis Karlsruhe nach Philippsburg, wo er in den Rhein mündet. Auf seinem Weg kommt er durch kleine Gemeinden wie Gondelsheim und Heidelsheim, auch die Altstadt von Bruchsal liegt auf seinem Weg. Am Pegel-Messstand dort beträgt der Wasserstand durchschnittlich 31 Zentimeter mit einem mittleren Abfluss von 1,39 Kubikmeter pro Sekunde.
In der Nacht vom 13. auf den 14. August 2024 betrug der Wasserstand des Saalbachs am Pegel Gondelsheim um 21:45 Uhr unglaubliche 2,74 Meter. Vier Stunden später misst auch der Pegel in Bruchsal 2,13 Meter. 47 Kubikmeter Wasser, also rund 260 Badewannen fließen in diesem Moment pro Sekunde ab. Ein Spitzenwert und einfach sehr, sehr viel Wasser. Schon lange befindet sich der Bach dabei nicht mehr in seinem Bett. Aufgrund des Starkregens über der Region wird in der Nachbetrachtung von einem 100-jährigen Hochwasser zu sprechen sein.
Um kurz vor halb 9 löst die Integrierte Leitstelle Karlsruhe Vollalarm für den Wasser-Rettungsdienst der DLRG aus. In diesem Moment beginnen in Gondelsheim Fahrzeuge davonzutreiben. Wassermassen überfluten Straßen und Gebäude, Personen werden eingeschlossen. Erste Einsatzkräfte von Feuerwehr und DLRG beginnen mit Rettungen und Evakuierungen. Die Hochwasserwelle gewinnt im Laufe des Abends an Höhe – und sie bewegt sich weiter Richtung Tal. Helmsheim und Heidelsheim sind als nächstes betroffen. Um 22 Uhr ruft der Kreisbrandmeister die sogenannte Außergewöhnliche Einsatzlage gemäß Landeskatastrophenschutzgesetz aus. Krisenstäbe treten zusammen. Weitere Einsatzkräfte werden in das Gebiet beordert.
Wunderwaffe Strömungsretter
Die örtlichen Einsatzkräfte aus dem DLRG Bezirk Karlsruhe erhalten im Laufe des Abends Unterstützung aus den Bezirken Enz und Mittelbaden. Neben den vielen Helferinnen und Helfern von Feuerwehr, Rettungsdiensten, THW, Polizei und Straßenmeistereien sind im Laufe der Nacht insgesamt 133 Wasserretterinnen und Wasserretter mehrere Stunden im herausfordernden Hochwassereinsatz. Ein Großteil von ihnen kommt als Strömungsretter zum Einsatz. In dieser Lage eine echte Wunderwaffe.
In den letzten Jahren kommt es immer häufiger zu Extremwetterereignissen, bei denen durch Starkregen lokale Hochwasser mit verheerendem Ausmaß entstehen. Noch präsent sind die Erinnerungen an das Ahrtal 2021, Pfingsten 2024 in Rheinland-Pfalz und im Saarland sowie die Ereignisse Anfang Juni in Bayern und Baden-Württemberg. Wenn fließende Gewässer bebautes Gebiet überfluten, Menschen einschließen und Rettungen erforderlich machen, kommen der landgebundene Rettungsdienst sowie die Feuerwehren an ihre technischen Grenzen. Der Einsatz im strömenden Gewässer kann für die Retter selbst zur Lebensgefahr werden, wenn sie nicht – wie die Strömungsretter der DLRG – dafür speziell ausgebildet und ausgestattet sind.
Strömungsretter tragen keine schwere Einsatzkleidung aus Jacke, Hose, Stiefel und Co. Stattdessen besteht ihre Schutzausrüstung aus Neoprenanzug, Schwimmweste und weiteren Materialien, die darauf ausgelegt sind, im strömenden Gewässer sowohl Retter aus auch Patienten genau die Unterstützung zu geben, die sie in dieser gefährlichen Umgebung benötigen. Während ein Feuerwehrmann in seiner üblichen Einsatzkleidung in einem Hochwasser Gefahr läuft zu Ertrinken, können Strömungsretter in ihrer Ausrüstung und dank ihrer spezialisierten Ausbildung souverän agieren, wenn notwendig schwimmen und mit Hilfe von Hochwasser-Booten, Rafts oder Seiltechnik auch schwer zugängliche Orte erreichen.
Die Strömungsrettung ist noch ein vergleichsweise junges Kind der DLRG. Der erste Pilotlehrgang fand 2004 statt. Heute ist sie eine feste Komponente des Wasser-Rettungsdienstes und des Katastrophenschutzes in Baden-Württemberg und bundesweit. Für ihre Kompetenz in Hochwasserlagen schätzen sie immer mehr Verantwortliche aus Politik, Verwaltung und Hilfsorganisationen. Der DLRG-Landesverband Baden verfügt allein über 365 Strömungsretterinnen und Strömungsretter (Stand 2023).
„Erst dachte ich mir, dass es doch gar nicht so schlimm ist, das Hochwasser. Dann sah ich mein Auto davonschwimmen. Es war beruhigend für uns, dass so schnell Hilfe kam.“
Beim Hochwasser in Bruchsal und Umgebung retteten und evakuierten die Strömungsretter der DLRG zahlreiche Menschen aus gefährlichen, teils lebensbedrohlichen Situationen. Auch medizinische Erstversorgungen konnten die Helferinnen und Helfer vornehmen und die betroffenen Personen an den Rettungsdienst übergeben. Die Rettung einer Person aus einem stehengebliebenen Treppenlift in einem überfluteten Haus, die Evakuierung einer Hochschwangeren sowie die Befreiung von Personen aus Unterwasser stehenden Kellern und Autos sind nur einige der vielen erbrachten Hilfeleistungen.
Oftmals wurden außerdem Einsatzkräfte anderer Organisationen durch Strömungsretter bei ihrer Arbeit abgesichert oder überhaupt erst zum Einsatz gebracht. Das ist eine weitere typische Aufgabe der spezialisierten DLRG-Einsatzkräfte. In Gondelsheim transportierten Strömungsretter beispielsweise mit einem Boot Helfer des Roten Kreuzes zu einem Heim für Betreutes Wohnen und evakuierten die Bewohnerinnen und Bewohner. Eine 86-jährige Frau, aus der Gefahrenzone mitsamt ihrer drei Katzen gerettet, sagte gegenüber den Badischen Neusten Nachrichten (BNN) im Anschluss: „Erst dachte ich mir, dass es doch gar nicht so schlimm ist, das Hochwasser. Dann sah ich mein Auto davonschwimmen. Es war beruhigend für uns, dass so schnell Hilfe kam.“
Für Hochwasser vorsorgen & Gefahren kennen
Leider gehört es mittlerweile zum Anblick von Hochwasser-Lagen dazu, dass Passanten enorm leichtsinnig mit den Gefahren des strömenden Gewässers umgehen. Auch in den vom Saalbach überfluteten Gebieten beobachteten die DLRG-Einsatzkräfte Menschen, die teils in Badehose ihren abgetriebenen Mülltonnen hinterherschwimmen wollten oder unvorsichtig überspülte Straßen überquerten. Timo Imhof, Leiter Einsatz des DLRG-Landesverbandes Baden und Einsatzleiter vor Ort in Heidelsheim, warnt eindringlich: „Halten Sie sich von Hochwasser fern! Bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr. Folgen Sie den Anweisungen der Rettungskräfte!“ Besondere, manchmal auf den ersten Blick unsichtbare Gefahren bergen zum Beispiel weggespülte Gullydeckel, Zäune oder Mauern.
Wichtige Sicherheitstipps zur Vorsorge und dem Verhalten bei Hochwasser gibt der DLRG-Bundesverband auf seiner Website. Dazu gehört beispielsweise das Sichern wichtiger Dokumente, Vorräte einkaufen und lagern und das Vorbereiten eines Notfallgepäcks. Wenn man unmittelbar von der Überflutung betroffen ist, gilt es unter anderem höhergelegene Orte aufzusuchen, den Strom abzustellen und nicht mit dem Auto durch überflutete Straßen zu fahren.
DLRG-Bundesverband: Sicherheitstipps – Richtiges Verhalten bei Hochwasser
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